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Parodontitis

Die unbekannte Volkskrankheit?
Parodontitis– zu viele wissen zu wenig

Hinter dem Bergriff Parodontitis verbirgt sich eine Entzündung des Zahnhalteapparates. Eine Erkrankung, an der neun von zehn Bundesbürgern an mindestens einem Zahn leiden.
Die Entzündung des Zahnhalteapparates ist neben der Zahnkaries das häufigste Krankheitsbild in der Zahnheilkunde. Eine wichtige Rolle als Ursache spielen die Bakterien im Zahnbelag.

Obwohl die Parodontitis als „Volkskrankheit“ zu verstehen ist, ist das Wissen über Ursachen, Verlauf, Behandlung und Vorbeugung gegen diese Erkrankung mehrheitlich unzureichend. Warum ist das so? Eine Parodontitis ist in der Regel nicht schmerzhaft- das unterscheidet sie von vielen anderen Entzündungsreaktionen im Körper. Dem anfänglich oftmals einzigen Warnzeichen- Zahnfleischbluten beim Zähneputzen- messen die meisten Menschen keine allzu große Bedeutung bei. Wissenschaftliche Erhebungen zeigen darüber hinaus, dass fast 70% der Bevölkerung in Deutschland einer effektiven Mundhygiene keinen entscheidenden Einfluss auf die Prävention gegen parodontale Erkrankungen zuschreiben. Weitere 60% glauben, dass die Entstehung von Zahnstein unvermeidbar sei. Ein Drittel der Bevölkerung besitzt ein unzureichendes Wissen über entsprechende Zahnpflegetechniken und macht von der Zahnzwischenraumhygiene nur selten Gebrauch. Bei diesen Ergebnissen wird schnell klar, warum die vorhandenen Möglichkeiten zur Prävention gegen Parodontitis in der deutschen Bevölkerung so wenig genutzt werden: Denn ohne ausreichende Kenntnis von Ursachen und Zusammenhängen kann keine erfolgreiche Prophylaxe betrieben werden.

Des Weiteren herrscht weitgehende Unkenntnis über die negativen Auswirkungen von Parodontalerkrankungen auf den gesamten Organismus. Mehr als 60% der Befragten können von sich aus keinerlei Folgerisiken einer unbehandelten Parodontitis nennen. Dabei kann sich eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparates deutlich negativ auf weit verbreitete Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Typ2 Diabetes auswirken. Selbst das Risiko, in der Schwangerschaft eine Frühgeburt zu erleiden, kann durch eine Parodontitis unter Umständen stark erhöht werden.

Das mangelnde Wissen über Parodontitis führt dazu, dass die Erkrankung bei den Betroffenen unbemerkt beginnt und unbehandelt immer weiter fortschreitet. Am Ende steht dann oft der Verlust eines oder mehrerer Zähne, was bei rechtzeitiger Diagnose hätte vermieden werden können. Mit vergleichsweise einfachen, regelmäßig zu wiederholenden Maßnahmen lässt sich das Risiko für eine Parodontalerkrankung deutlich senken und eine bereits bestehende Entzündung kann- auch im fortgeschrittenem Stadium- noch erfolgreich behandelt werden.

Wie entsteht eine Parodontitis?

In der Mundhöhle gibt es mehr als 600 unterschiedliche Bakterienarten. Nur wenige dieser Bakterien sind für die Mundgesundheit wirklich gefährlich. Diese Bakterien bilden einen Biofilm (Plaque, Zahnbelag) auf der Zahnoberfläche bzw. am Zahnfleischrand oder in den Zahnzwischenräumen. Wird dieser Biofilm nicht regelmäßig und gründlich entfernt, dringen Giftstoffe einiger Bakterienarten in das Zahnfleischgewebe ein. Dies führt dazu, dass die körpereigene Abwehr, das Immunsystem, auf diesen bakteriellen Angriff mit einer Entzündung reagiert.

Dieses frühe Stadium einer durch Plaque ausgelösten oberflächlichen Entzündung des Zahnfleisches wird als Gingivitis bezeichnet. Typisches Anzeichen einer Gingivitis ist eine Rötung des Zahnfleisches. Im weiteren Verlauf entstehen eine sichtbare Schwellung und eine rasche Blutungsneigung beim Zähneputzen oder Kauen.

Dringt die Entzündung in den Bereich des Kieferknochens vor und zerstört dabei die Fasern, die den Zahn fest im Knochen verankern, spricht man von einer Parodontitis. In der Folge entstehen tiefe Zahnfleischtaschen. Die für die Bakterien eine ideale Wachstumsnische darstellen. Eine Parodontitis ist selten mit Schmerzen verbunden und schreitet in den meisten Fällen nur langsam fort (chronische Parodontitis), in einigen Fällen kann aber bereits im jugendlichen Alter zu einem rasch fortschreitenden Gewebeverlust kommen (aggressive Parodontitis).

Eine Parodontitis verläuft wie folgt: Bildung von bakterieller Plaque am Zahn, Infektion, Entzündung und Gewebeabbau. Der Krankheitsverlauf ist jedoch individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. In der Regel schützt ein effektiv arbeitendes Immunsystem unseren Körper sehr wirksam gegen aggressive Mundhöhlenbakterien. Da die Zähne jedoch anatomisch bedingt eine ausgesprochene Schwachstelle in Bezug auf das Eindringen von keimen in den Körper darstellen, kann jede kleine Schwäche in den natürlichen Abwehrmechanismus zu einer starken Zunahme bakterieller Plaque am Zahn und damit zu einer schädlichen Entzündungsreaktion führen. Wir wissen heute, dass es eine ganze Reihe von Risikofaktoren gibt, die die Wirksamkeit der natürlichen Schutzmechanismen beeinträchtigen und damit das Risiko für die Entstehung einer Parodontitis erhöhen können. Zu den wichtigsten gehören das Rauchen, ein unbehandelter Diabetes mellitus, psychosozialer Stress, Übergewicht bzw. Fehl und Mangelernährung sowie eine Reihe genetisch festgelegter (vererbter) Funktionsstörungen des Immunsystems. Aber auch hormonelle Veränderungen ( etwa in der Pubertät, während der Wechseljahre) können die natürlichen Schutzmechanismen so beeinträchtigen, dass ohne eine effektive und regelmäßige durchgeführte Mundpflege eine fortschreitende Zerstörung des Zahnhalteapparates droht.

Besondere Risikofaktoren:

  • Unzureichende Mundhygiene
  • Rauchen
  • Diabetes mellitus
  • hormonelle Veränderungen
  • Übergewicht
  • Stress

Welche Symptome deuten auf eine Parodontitis hin?

Die gesicherte Diagnose einer Parodontitis kann ausschließlich der Zahnarzt stellen. Im Rahmen einer zahnärztlichen Kontrolluntersuchung kann er mit Hilfe des Parodontalen Screening Indexes (PSI) den Gesundheitszustand des Zahnhalteapparates überprüfen. Die Kosten dafür werden alle zwei Jahre von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Ergibt die PSI- Untersuchung einen ersten Verdacht auf eine bestehende Parodontitis, werden weitere Untersuchungen notwendig, wie eine ausführliche Bestimmung der Zahnfleischtaschentiefe und der dabei auftretenden Blutung. Auch die Erstellung von Röntgenbildern des Gebisses und Tests zur Identifizierung krankheitsauslösender Bakterien in den Zahnfleischtaschen sind wichtige diagnostische Hilfsmittel, um das Ausmaß einer Parodontitis zu bestimmen.

Obwohl eine fortschreitende Parodontitis meist lange Zeit völlig schmerzlos bleibt, gibt es dennoch einige Warnsignale, die auf eine Erkrankung des Zahnhalteapparates hindeuten:

  • Zahnfleischbluten (z.B. bei der häuslichen Mundhygiene oder auch spontan)
  • Schwellung und Rötung des Zahnfleisches
  • Zahnfleischrückgang
  • empfindliche Zahnhälse
  • dauerhafter Mundgeruch oder ein fortwährender unangenehmer Geschmack im Mund
  • Eiteraustritt aus den Zahnfleischtaschen
  • gelockerte Zähne

Sollte eines oder mehrere dieser Anzeichen bei sich entdecken, teilen Sie Ihre Beobachtungen unbedingt Ihrem Zahnarzt mit.

Welche Folgen kann eine Parodontitis haben?

Wird eine Entzündung des Zahnhalteapparates nicht behandelt, werden der Kieferknochen und die Gewebe, die die Zahnwurzel im Kieferknochen verankern, zunehmend zerstört. Dies führt langfristig unweigerlich zu Zahnlockerung und schließlich zum Zahnverlust. Wenigen ist bewusst, dass bei einer solchen chronischen Entzündung eine Wundfläche von mehr als 70cm2 entsteht- das entspricht in etwa der Größe einer Handfläche. Durch diese Wunden im Gewebe können die aggressiven Parodontitisbakterien in den Blutkreislauf und damit in den ganzen Körper gelangen.

Studien haben gezeigt, dass Parodontitis und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems nicht nur gemeinsame Risikofaktoren haben, sondern dass die bei einer unbehandelten Parodontitis in die Blutgefäße eindringenden Bakterien auch Arteriosklerose auslösen können. Dadurch kann eine Parodontitis das Risiko für koronare Herzerkrankungen und damit für einen Herzinfarkt erhöhen und in bereits vorgeschädigten Blutgefäßen das Risiko für einen Schlaganfall verstärken.

Die Wechselbeziehung zwischen Diabetes mellitus und Parodontitis werden bereits seit vielen Jahren untersucht. Inzwischen belegt eine Vielzahl klinischer Studien, dass das verstärkte Auftreten von Entzündungen am Zahnhalteapparat nicht nur eine der vielfältigen Komplikationen des Diabetes mellitus darstellt, sondern dass eine unbehandelte Parodontitis auch selbst die Kontrolle bzw. Einstellung des Blutzuckerspiegels massiv verschlimmern kann. Menschen, bei denen der Hausarzt einen Diabetes mellitus diagnostiziert hat, sollten daher im Rahmen der Behandlung auch unbedingt ihren Zahnarzt konsultieren.

Parodontitis ist also keine auf den Mund beschränkte Erkrankung, sondern kann zu einem Gesundheitsrisiko für den ganzen Körper werden.

Wie wird eine Parodontitis behandelt?

Ziele der Parodontalbehandlung sind der Erhalt möglichst aller Zähne und die Genesung des erkrankten Zahnhalteapparates. Dazu müssen zunächst sorgfältig die bakteriellen Beläge in den Zahnfleischtaschen von den befallenen Zahnflächen entfernt werden. Dies führt zu Beseitigung der Entzündung im Zahnhalteapparat und zu einer Reduktion der entzündlich vertieften Zahnfleischtaschen. Diese können mit Hilfe guter häuslicher Zahnpflege in Verbindung mit professioneller Zahnreinigung vor einer erneuten Entzündung durch aggressive Parodontitiskeime wirksam geschützt werden.

Eine systemische Parodontitistherapie gliedert sich üblicherweise in verschiedenen Phasen.

In der sogenannten Initial- oder Hygienephase erhalten Betroffene eine eingehende praktische Unterweisung in eine effektive häusliche Zahnpflege. Neben dem korrekten Gebrauch der Zahnbürste muss auch die Anwendung von Hilfsmitteln zur Reinigung der Zahnzwischenräume praktisch geübt werden. Alleine diese Vorbehandlung verringert bereits die äußerlich sichtbaren Zeichen einer Zahnfleischentzündung sehr deutlich. Danach folgt die eigentliche Parodontaltherapie, bei der unter lokaler Betäubung die für den Krankheitsprozess primär verantwortlichen bakteriellen Biofilm in den Zahnfleischtaschen vollständig entfernt werden. Hierzu verwendet der Zahnarzt speziell geformte Handinstrumente oder maschinelle Ultraschallreinigungsgeräte. In vielen Fällen reicht diese Therapie bereits aus, um den Entzündungsprozess an den betroffenen Zähnen vollständig zu hemmen.

Bei besonders tiefen und unzugänglichen Zahnfleischtaschen muss jedoch durch einen kleinen parodontalchirurgischen Eingriff ein direkter Zugang zu den betroffenen Zahnflächen geschaffen werden, um diese unter direkter Sicht gründlich zu reinigen. Bei Patienten, die unter einer aggressiven Verlaufsform der Parodontitis leiden, kann es darüber hinaus sinnvoll sein, die mechanische Zahnreinigung durch die Einnahme von Antibiotika zu ergänzen, um Parodontitiskeime gezielt zu eliminieren.

Da Patienten, die an Parodontitis erkrankt sind, in der Regel eine lebenslang erhöhte Anfälligkeit für bakterielle Entzündungen aufweisen, muss sich an eine erfolgreiche Therapie eine dauerhafte und regelmäßige Nachsorge- und Erhaltungstherapie anschließen. Diese umfasst neben einer Kontrolle Effizienz häuslicher Zahnpflege vor allem eine gründliche professionelle Reinigung aller bakteriell befallenen Zahnflächen oberhalb und unterhalb des Zahnfleisches durch den Zahnarzt bzw. speziell geschulte zahnärztliche Assistenzkräfte.

Der richtige Schutz vor Parodontitis

Grundsätzlich gilt: Wo keine Beläge sind, kann auch keine Gingivitis oder Parodontitis entstehen. Deswegen ist die tägliche Mundhygiene zu Hause- richtig durchgeführt- ein wichtiges Element der erfolgreichen Parodontitisprophylaxe. Für die Gesunderhaltung des Zahnhalteapparates sind die tägliche Verwendung einer geeigneten Zahnbürste und einer fluoridhaltigen Zahnpasta (die im Idealfall Anti-Plaque-Wirkstoffe enthält) sowie die Anwendung von Hilfsmitteln zur Reinigung der Zahnzwischenräume unverzichtbar. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Reinigung der Zahnzwischenräume, da diese für die Zahnbürste schwer oder gar nicht erreichbar sind. Hierfür eignen sich Zahnseide, – hölzchen oder sogenannte Interdentalbürstchen. Die Wahl sollte unter Berücksichtigung der eigenen Geschicklichkeit, der individuellen Zahnstellung und der Größe der Zahnzwischenräume erfolgen; der Zahnarzt und sein Behandlungsteam werden bei der Auswahl ebenfalls beraten. Da das Zahnfleischgewebe sehr empfindlich ist, sollte die Anwendung der Hilfsmittel unbedingt in der Zahnarztpraxis eingeübt werden. Mundspüllösungen können eine sinnvolle Ergänzung der täglichen Mundhygiene darstellen, sind aber grundsätzlich kein Ersatz für Zahnpasta und – bürste.

Regelmäßige Kontrollbesuche beim Zahnarzt sind ebenfalls unerlässlich, um die Mundgesundheit langfristig zu erhalten. So können Entzündungszeichen am Zahnfleisch und Zahnhalteapparat, Veränderungen an Schleimhäuten, aber auch Erkrankungen an den Zähnen frühzeitig erkannt werden. Je früher eine Erkrankung diagnostiziert wird, desto geringer ist der Behandlungsaufwand, um das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen.

Der dritte grundlegende Baustein der oralen Prophylaxe ist die Professionelle Zahnreinigung (PZR), die abhängig vom individuellen Erkrankungsrisiko in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden sollte. Näheres zur PZR finden Sie in der Broschüre „ Die Professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt“.

Das kontinuierliche Zusammenspiel dieser Prophylaxemaßnahmen sichert langfristig den Erhalt der Mundgesundheit und bietet einen wirksamen Schutz vor den häufigsten Erkrankungen der Mundhöhle.